Rechtsanwältin Maria Stantcheva im Interview über das Internationale Wirtschaftsrecht

Rechtsanwältin Maria Stantcheva MJI

Maria, du bist seit dem Jahr 2006 Rechtsanwältin. – Was hat dich damals dazu bewogen, Jura zu studieren?

Für mich kam kein anderer Beruf infrage. Bereits im ersten Jahr auf dem Gymnasium stand für mich fest, dass ich Rechtswissenschaften studieren und Rechtsanwältin werden will. Ich habe es immer geliebt zu argumentieren und mich für die Rechte anderer Menschen einzusetzen.


Du stammst gebürtig aus Bulgarien und bist erst im Alter von 21 Jahren nach Deutschland gekommen. War das Studium für dich durch die sprachlichen Barrieren besonders schwierig, da du nicht nur die deutsche Sprache lernen musstest, sondern auch noch viel für das Studium tun musstest?

Die deutsche Sprache war für mich keine allzu große Herausforderung, da ich bereits in Bulgarien ein deutschsprachiges Gymnasium besucht hatte. Bevor ich mich an der Uni in Konstanz für das Fach Rechtswissenschaften einschreiben konnte, musste ich zudem zuerst eine Deutschprüfung ablegen. Die Sprache war für mich nicht die größte Herausforderung, vielmehr der Umstand, dass meine Familie und Freunde in Bulgarien blieben und ich mich anfangs in einem fremden Umfeld zurechtfinden und neue Freundschaften und Bekanntschaften knüpfen musste.


Du trägst den Namenszusatz „MJI“, was bedeutet dieser Zusatz?

Es handelt sich um einen akademischen Grand bzw. Titel. MJI steht für Magistra Juris Internationalis oder zu Deutsch Magistra des Internationalen Rechts. Das Wort „Magistra“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet Meisterin.

Diesen Titel habe ich nach Abschluss des Studienganges Magistra des Internationalen Recht erworben, den ich parallel zum Studiengang Rechtswissenschaft mit dem Abschluss der ersten juristischen Staatsprüfung an der Justus-Liebig-Universität Gießen als Doppelstudium absolviert habe.

Dabei handelt es sich um einen rechtswissenschaftlichen Studiengang mit dem zusätzlichen Schwerpunkt in den Gebieten der europäischen und internationalen Rechtsbeziehungen sowie in der Rechtsvergleichung, der zur Ausübung einer juristischen Tätigkeit auf dem Gebiet des internationalen Wirtschaftsrechts befähigt, ähnlich wie der Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht.


Warum hast du dich für den Bereich des internationalen Wirtschaftsrechts entschieden? Was hat dich daran besonders gereizt?

Dabei haben einige Gründe eine Rolle gespielt. An erster Stelle war das meine besonders ausgeprägte interkulturelle Kompetenz und mein Interesse für rechtliche Fragen mit Auslandsbezug sowie wirtschaftliche Zusammenhänge. Nicht zuletzt hat es auch damit zu tun, dass ich Herausforderungen gerne annehme. Ich bin in Bulgarien aufgewachsen und habe dort ebenfalls Jura studiert, bevor ich nach Deutschland gekommen bin. Ich hatte also bereits Kenntnisse im bulgarischen Recht und wollte dieses Wissen auch in meiner späteren beruflichen Tätigkeit nutzen und vertiefen. Dies alles ließ sich im Bereich des internationalen Wirtschaftsrechts sehr gut vereinen und wurde durch den Abschluss des MJI-Studiengangs nochmals bedeutend intensiviert.


Was macht das Gebiet des Internationalen Wirtschaftsrecht für dich so spannend?

Das Internationale Wirtschaftsrecht ist ein sehr komplexes Rechtsgebiet. Zum einen hat man es nicht nur mit deutschen Rechtsnormen zu tun, sondern sehr oft mit ausländischen Rechtsordnungen oder internationalen Übereinkommen. Das erfordert besondere Kenntnisse, die über den Ausgang eines Rechtsstreits entscheidend sein können.  Nicht selten kann man eine aussichtsreiche Klage abwehren, indem man die internationale Unzuständigkeit des Gerichts erfolgreich rügt, vorausgesetzt man besitzt als Anwalt die nötigen Kenntnisse.

Man hat zudem nicht nur mit unterschiedlichen Charaktertypen zu tun, sondern darüber hinaus mit unterschiedlichen Kulturen, Mentalitäten, Normen, Werten und Regeln. Man benötigt gute interkulturelle Kompetenzen. Kulturelle Unterschiede führen oft zu Missverständnissen und Konflikten, die sogar zu einem Scheitern der Verhandlungen führen können.

Man benötigt zudem ein sehr umfangreiches Netzwerk mit Kollegen aus anderen Ländern. Dieses Netzwerk will auch dauerhaft gepflegt und weiter ausgebaut werden.

Interkulturelle Verhandlungen sind herausfordernd, schwierig und vor allem zeitintensiv, da man mit unterschiedlichen Denk-und Verhandlungsweisen zu tun hat, bei denen nicht selten Missverständnisse entstehen. Es ist wichtig, die jeweilige Kultur sowie die Denk- und Verhandlungsweise des Verhandlungspartners zu kennen und sie zu verstehen.

Wer als Anwalt auf dem Gebiet des internationalen Wirtschaftsrechts tätig ist, muss weitaus mehr soziale Intelligenz und interkulturelle Kompetenz besitzen als der Anwaltsberuf schon mit sich bringt.

Kannst Du ein Beispiel nennen, was du genau meinst, wenn du sagst, dass es so wichtig ist, die unterschiedlichen Kulturen zu kennen und zu verstehen?

Es gibt zum Beispiel Länder, in denen es Geschäftsleute als respektlos empfinden, wenn sie von ihrem (zukünftigen) Geschäftspartner zu einem Gespräch am Flughafen, an dem sie einen Zwischenstopp haben, und nicht in sein mehrere hundert Kilometer vom Flughafen entferntes Büro eingeladen werden. In anderen Ländern hingegen wird dies als höfliche Geste empfunden. Was als freundliches Entgegenkommen eines deutschen Unternehmers gemeint ist, kann zu einem Missverständnis mit weitreichenden Folgen und sogar zum Scheitern erfolgversprechender Verhandlungen führen.

Für den Bulgaren bedeutet z.B. Kopfschütteln ja und Kopfnicken nein.


Mit welcher Art von Personen hast du denn beruflichen Kontakt? Welche Mandanten haben Bedarf an einer Beratung im Internationalen Wirtschaftsrecht?

Auf Mandantenseite, insbesondere mit international tätigen Unternehmen sowie Einzelunternehmern aus der EU und China.

Auf der Gegenseite meistens mit in Deutschland ansässigen Firmen und natürlichen Personen.


Ist es tatsächlich wahr, dass ein Gegner dich während einer Gerichtsverhandlung einmal als Hyäne bezeichnet hat und du seither den Spitznamen „Die Hyäne“ in trägst?

Ja, das stimmt tatsächlich.

Wie kam es denn dazu, dass du in diesem Verfahren als Hyäne bezeichnet wurdest?

Es war bei einer Verhandlung in einer Zivilrechtssache. Am Anfang schien die Sache für meinen Mandanten erfolglos zu sein. Der Gegner und sein Anwalt wogen sich in Sicherheit. Ich habe jedoch zusammen mit meinem Mandanten eine ausgeklügelte rechtliche Argumentation und Strategie ausgearbeitet, die letztendlich zu einem für meinen Mandanten außerordentlich zufriedenstellenden monetären und für den Gegner völlig unerwartetem Ergebnis geführt hat.


Und du hast wirklich im Anschluss an diese Verhandlung weitere Mandate von anderen Unternehmen erteilt bekommen, die auf diese Verhandlung zurückzuführen sind?

Ja, ich habe dadurch das eine oder andere Mandat gewonnen, weil man mitbekommen hatte, wie ich mich in dieser Gerichtsverhandlung für meinen Mandanten eingesetzt und den Gegner überrascht habe.


Hast du abschließend noch generelle Tipps für Unternehmen?

  • Sich rechtzeitig von kompetenten, auf dem jeweiligen Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwälten beraten lassen;
  • wichtige Vereinbarungen rechtzeitig schriftlich zu fixieren und Verträge im Vorfeld prüfen zu lassen;
  • bei offenen Forderungen frühzeitig tätig zu werden und nicht zu lange warten.
  • Einen Ablaufplan für längere gesundheitliche Ausfälle zu haben und für den Notfall vorzusorgen;
  • Werbeaussagen lieber einmal zu viel, als einmal zu wenig prüfen zu lassen.
  • Den Aufbau der des Unternehmens von Beginn an rechtlich und strategisch zu planen; sich rechtzeitig auch professionelle Hilfe ins Boot holen, das zahlt sich dauerhaft aus.
  • Rechtzeitig kompetente steuerliche Beratung in Anspruch nehmen

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